Kriminologie

Bei Kriminologie denken viele zunächst an CSI Miami oder ähnliches. Aber in unserem Fach ist es nicht üblich, in Gummistiefeln über matschige Feldwege zu laufen und mit Gips Reifenspuren auszugießen - das ist Aufgabe von Kriminalisten. Allerdings werden Sie als Studierende(r) der Kriminologie vielleicht schon einmal mit Gefangenen in einer Justizvollzugsanstalt zu tun haben (z. B. als MitarbeiterIn der Knastgruppe).

Was wir tatsächlich machen, ist allerdings nicht minder interessant: Kriminologie ist die Lehre vom Verbrechen (was nicht heißen soll, dass wir ihnen beibringen, möglichst erfolgreich Verbrechen zu begehen, allerdings können Ihnen kriminologische Kenntnisse auch im Alltag nichts schaden).

Es geht in der Kriminologie um unterschiedliche Betrachtungsebenen der Verbrechenskontrolle. Gegenstand sind z. B. die Bedingungen von Straffälligkeit, also Erklärungsansätze dafür, warum Verbrechen begangen werden. Solche Erklärungsansätze können auf ganz unterschiedlichen Ebenen liegen, etwa indem auf Bedingungen der individuellen Sozialisation - wie Erziehung durch die Eltern oder Erfahrungen in der Schule - Bezug genommen wird; es gibt gesamtgesellschaftliche Ansätze, die etwa soziologisches Wissen mit dem besonderen Betrachtungsgegenstand des Verbrechens in Verbindung zu bringen versuchen.

Bereits hier wird sichtbar, dass die Kriminologie Anleihen bei ganz unterschiedlichen Fachwissenschaften nimmt, also - um es akademisch auszudrücken - eine interdisziplinäre Wissenschaft ist. Das erfordert bei der Beschäftigung mit der Kriminologie die Bereitschaft, sich auch auf Außerjuristisches einzulassen; gleichzeitig bietet sich die Chance, in einer interdisziplinären Auseinandersetzung eine Reihe von Fertigkeiten und Kenntnissen zu erwerben, die in einem rechtswissenschaftlichen Studium sonst nicht vermittelt werden.

Besonderes Augenmerk der Kriminologie in Mainz gilt der so genannten Angewandten Kriminologie, der realistischen Einschätzung krimineller Gefährdung eines Menschen und der Planung vielversprechender Interventionsmaßnahmen. Dies hat eine ausgesprochen große praktische Bedeutung, weil eine Vielzahl von Entscheidungen in der Strafrechtspraxis mit ganz erheblicher Tragweite von solchen "kriminalprognostischen" Aussagen abhängen - etwa ob ein Straftäter vorzeitig aus der Haft entlassen werden darf, was ja aktuell wieder für großen Diskussionsbedarf sorgt.

Hier in Mainz möchten wir Ihnen diese Methodik der Prognoseerstellung vermitteln, Sie also in die Lage versetzen, kriminalprognostische Aussagen selbst zu treffen. Wir bieten Ihnen beispielsweise ein Seminar an, in dem wir Sie in der Methodik der Angewandten Kriminologie ausbilden und Ihnen die Möglichkeit geben, das Erlernte in einem konkreten Einzelfall selbst auszuprobieren. Für Interessierte ist daneben auch die Mitarbeit in der praktischen Gutachtenarbeit möglich.

Neben diesem Seminar gibt es zur "Kriminologie" noch zwei weitere Veranstaltungsangebote, nämlich eine Vorlesung "Grundlagen der Kriminologie" und eine Vorlesung "Angewandte Kriminologie".

Grundlagen der Kriminologie meint dabei das kriminologische Basiswissen. Gefragt wird z. B. nach der Entstehung von Kriminalität, diskutiert werden etwa Kriminalitätstheorien bzw. Erklärungsansätze für Kriminalität. Außerdem geht es um empirische Grundlagen, etwa Kriminalstatistik als Abbilder der Kriminalität oder um das so genannte Dunkelfeld, das heißt den Bereich solcher Straftaten, von denen die Strafverfolgungsbehörden keine Kenntnis erlangen. Es geht um besondere Deliktsbereiche wie etwa die organisierte Kriminalität oder die Wirtschaftskriminalität und es geht - ohne dass diese Aufzählung den Anspruch der Vollständigkeit erhebt - auch um Grundlagen der kriminologischen Forschung wie etwa die Frage nach dem Design kriminologischer Studien.

Die zweite Vorlesung zur Kriminologie, deren Besuch nach der soeben beschriebenen Vorlesung "Grundlagen der Kriminologie" empfohlen wird, ist die Vorlesung "Angewandte Kriminologie", die sich dann mit der praktischen Nutzung kriminologischen Wissens beschäftigt und hier in erster Linie mit den Möglichkeiten der Straftäterbeurteilung. Hier geht es beispielsweise um den bereits erwähnten Schwerpunkt der Kriminalprognose, aber auch um Theorien und Forschungen zur Verlaufsentwicklung krimineller Karrieren ("Entwicklungskriminologie") oder um Grundfragen der Wissenschaftstheorie, wobei der rote Faden die Straftäterbeurteilung ist.

Neben diesen Angeboten zur Kriminologie selbst gehören zu dem Wahlpflichtbereich Kriminologie noch das Jugendstrafrecht und das Strafvollzugsrecht. Beide Rechtsgebiete sind eng mit kriminologischen Fragen verbunden und gleichzeitig rechtsdogmatische Disziplinen, in denen klassische juristische Arbeit - wie Sie diese schon von anderen juristischen Teilgebieten etwa dem allgemeinen Strafrecht oder dem öffentlichen Recht her kennen - zu leisten ist.