Anregung

Häufig fragen wissenschaftlich interessierte Studierende, welche Umstände sie bei der Entscheidung, zur Anfertigung einer Dissertation die Ableistung des Referendardienstes hinauszuschieben, mit berücksichtigen sollten. Im Folgenden sind einige Punkte aufgelistet, die bei der Entscheidung über diese Frage, die im Ergebnis sicher nur einzelfallbezogen getroffen werden kann, mit der allgemeinen Tendenz gegen ein "Aussetzen" mit zu berücksichtigen sind:

  • "Verfahrensrechtliche Kenntnisse": Zahlreiche Dissertationsthemen verlangen verfahrensrechtliche Kenntnisse. Diese sind bei vielen Doktoranden nach dem Ersten Juristischen Staatsexamen noch nicht vorhanden. Bei der Anfertigung einer Dissertation nach dem Zweiten Juristischen Staatsexamen gilt dagegen das Gegenteil, da das Referendariat das Verfahrensrecht in Theorie und Praxis vertieft vermittelt.
  • "Berufsplanung": Der Referendardienst hilft bei der Klärung der Berufsplanung. Soweit die Anfertigung der Dissertation erst im Anschluss an den Referendardienst erfolgt, kann die Wahl des Dissertationsthemas auf die Berufsplanung zugeschnitten werden. Ganz generell, insbesondere aber wenn das zweite juristische Staatsexamen schlechter als geplant ausfällt, kann bei einem klaren Berufsziel ein gut gewähltes und für die Praxis attraktives Dissertationsthema die Berufsfindung erheblich erleichtern.
  • "Übergang ins Berufsleben": Während am Ende des Referendardienstes bei vorheriger Anfertigung der Dissertation unmittelbar der Übergang in den Beruf erfolgt, was aber im Hinblick auf den Stellenmarkt nicht in jedem Einzelfall gesichert ist, lässt sich aus dem Status als Doktorand heraus der Übergang in einen Beruf leichter und "gleitender" bewerkstelligen.
  • "Wissenschaftliche Interessen": Die Chance einer – von potentiellen Arbeitgebern auch begrüßten – Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Lehrstuhl, die mit der Möglichkeit der Anfertigung einer Dissertation verbunden ist, ergibt sich für wissenschaftlich besonders Interessierte in den meisten Fällen erst nach dem zweiten juristischen Staatsexamen. Mit einer "zu frühen" Promotion kann diese Chance vertan sein.
  • Demgegenüber lässt sich zugunsten der Anfertigung einer Dissertation unmittelbar nach dem ersten Staatsexamen anführen, dass das gerade erst abgeschlossene Studium – anders als der Referendardienst – an wissenschaftliche Arbeit heranführt, dass das "Aussetzen" einen zeitlichen Druck aufbauen kann, die Dissertation zügig abzuschließen, und dass gelegentlich Pläne, eine Dissertation nach dem Assessorexamen anzufertigen, infolge dann geänderter Lebensumstände (z.B. Familiengründung) oder Lebensplanung (z.B. schneller Berufseinstieg) aufgegeben werden.
  • "Vergessensrisiko": Statt das frische Wissen aus der Examensvorbereitungsphase in den Referendardienst überzuleiten, der in vielem auf das bisher Gelernte aufbaut, wird durch ein – insbesondere längeres – Aussetzen das Risiko geschaffen, bereits Erlerntes zu vergessen.
  • "Planungsrisiko": Häufig zeigt sich, dass die zur Anfertigung einer Dissertation geplante Zeit nicht ausreicht, so dass Teile dieser Arbeit in den Referendardienst verlagert werden. Betroffen ist dann die zu Beginn des Referendardienstes liegende, besonders wichtige Zivilstation sowie – je nach Fortdauer der Arbeit an der Dissertation – u.U. der gesamte Referendardienst. In dieser Zeit sollte aber im Verhältnis von Dissertation und geplantem Abschluss des zweiten Staatsexamens der Satz gelten: "Examen hat Vorrang". Aus diesen Gründen ist jedenfalls dringend davon abzuraten, den Referendardienst zu beginnen, bevor die Dissertation vollständig abgeschlossen und vorlagereif ist.
  • "Sozial- und Lernrisiko": Viele Studierende haben im Lauf des Studiums eine private Arbeitsgemeinschaft begründet. Eine gut eingeführte, sachlich effektive und der Vereinzelung vorbeugende Arbeitsgemeinschaft sollte für die Zeit des Referendardienstes nicht ohne Not aufgegeben werden. Viele junge Juristen sind zudem froh, nach Abschluss des Referendardienstes endlich ihr letztes Examen hinter sich gebracht zu haben und sich nunmehr insofern "frei" im Rahmen einer Dissertation einem Thema ihrer Wahl vertieft zuwenden zu können.